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Leitartikel

Internationales Schornsteinfegertreffen in Santa Maria Maggiore

Norman Wegert
Norman Wegert /

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch in diesem Jahr fand am ersten Septemberwochenende das internationale Schornsteinfegertreffen in Santa Maria Maggiore statt. Schornsteinfeger aus der ganzen Welt reisen für vier Tage nach Italien. Jeder Schornsteinfeger sollte dieses Treffen mindestens einmal besuchen, um das unglaubliche Gefühl zu erleben. Hier wird gemeinsam das Schornsteinfegerdenkmal und auch das Schornsteinfegermuseum besucht. Das Highlight ist aber sicher der unglaublich schöne Umzug, wo mehrere Tausend Schornsteinfeger durch den wunderschönen Ort ziehen und gefeiert werden. Aus allen Richtungen hört man den Ruf: „Spazza Camino“. Ein Gänsehautgefühl!

Besonders gefällt mir hier, dass keine Unterschiede unter den Schornsteinfeger zu bemerken sind. Egal, ob Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Auszubildender. Auch ob der Kollege aus Mitteleuropa, Skandinavien, Osteuropa, Westeuropa, Amerika oder aus Japan kommt, spielt keine Rolle. Es werden Wege gefunden, sich zu verständigen und auszutauschen. Dabei kann man sehr viel über den eigenen Beruf lernen und feststellen, wie unterschiedlich unser Beruf ist.

Dieses durfte ich im letzten Jahr auch feststellen. So habe ich auf dem Jahrestreffen der ICU (International Confederation of Chimney Sweepers Trade Unions) teilgenommen. Mitglieder sind hier die Gewerkschaften für Schornsteinfeger aus Schweden, Deutschland, Norwegen, Dänemark und Ungarn. Beeindruckend fand ich, wie gut die Verständigung funktioniert. Selbstverständlich wird hier Englisch gesprochen. Und obwohl das Schulenglisch bei einigen nicht mehr so präsent war, klappte die Verständigung sehr schnell. Mit gegenseitiger Rücksicht, Unterstützung und Respekt können sprachliche Schwierigkeiten gut überwunden werden.

Die Situation in den einzelnen Mitgliedsländern ist sehr unterschiedlich. In Ungarn ist diese unter der Führung von Victor Orbán allerdings mehr als dramatisch. Der Präsident hat anfangs die Preise für Schornsteinfegerarbeiten per Gesetz mehrfach halbiert und nun die Ausbildungsordnung und somit die Existenzgrundlage für unser Handwerk abgeschafft. Schornsteinfeger gelten als Wegelagerer und sind Feinde des Staats. Auch das Konto der Kozs (Schornsteinfegergewerkschaft in Ungarn) wurde eingefroren, so dass die beiden Ver-treter Ihr besonderes Engagement aus privaten Mitteln begleichen müssen. Dies ist bei weniger als 300 € monatlichem Einkommen natürlich auch in Ungarn unmöglich. Hier zeigt sich, wie wichtig die ICU ist. Wir haben mit einem gemeinsamen Schreiben der ICU unsere Position deutlich gemacht und unterstützen unsere Kollegen, wo es nur geht. 

Ein weiterer Punkt, wo die Bedeutung der ICU deutlich wird, ist der Arbeitsschutz. Es ist beeindruckend zu erfahren, wie insbesondere in Skandinavien mit dem Thema umgegangen wird. Der Kontakt mit Ruß ist sicher auch dort nicht zu vermeiden, allerdings wird ganz selbstverständlich nicht nur mit Staubmaske und Handschuhen gearbeitet, sondern es gibt auch beim Arbeitgeber eine klare räumliche Trennung zwischen dem Weiß- und Schwarzbereich. In der Folge geht der Mitarbeiter am Ende seines Arbeitstages in der Firma durch eine Art Schleuse, so dass er erst nach dem Duschen an seine private „saubere“ Kleidung kommt. Selbstverständlich ist das kontaminierte Betriebsfahrzeug für den privaten Einsatz nicht geeignet.

Hier können wir sicher viel lernen, da bei uns der Gesundheitsschutz leider noch immer keine ausreichende Bedeutung hat. Unser Schutz und der unserer Familien ist das Wichtigste, daran gibt es keine Zweifel. Was wir unserem Körper heute zumuten, können wir nicht wiedergutmachen. Auch wenn es eine Umstellung in unserem Arbeitsalltag bedeutet, sollten wir alles daran setzen, gesund zu bleiben.

In Prüfungen, auf Vorbereitungen und auf Schulungen achten wir vom ZDS auf dieses Thema und versuchen euch prak-
tische Umsetzungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, dass das Schornsteinfegerhandwerk ein Beruf ist, in dem die Belastung so gering wie möglich ist. Ein schöner Beruf, den man lange, gerne und gesund ausüben kann.

Norman Wegert

Innovationszentrum Schornsteinfegerhandwerk

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