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Leitartikel

Fast hätten wir in Deutschland 3,7 Mio. Feuerstätten für feste Brennstoffe abgeschafft

Mathias Kazek
Mathias Kazek /

Liebe Kolleginnen und Kollegen,schon deutlich mehr als einmal haben wir über die Diskussionen der neuen Ableitbedingungen berichtet. Als aktuelles, das Schornsteinfegerhandwerk stark betreffendes Thema, bei dem sich die Gegebenheiten aktuell stetig ändern, wird es nie langweilig.

Den bisherigen Werdegang kann man wie folgt kurz und knapp zusammenfassen: Der Bundesrat hat mit der Einführung der 44. BImSchV und den dadurch entstandenen Änderungen in der 1. BImSchV beschlossen, dass die Ableitbedingungen für Feuerstätten für fest Brennstoffe verschärft werden sollen. Seitdem diskutieren die Verbände im Schornsteinfegerhandwerk und andere betroffene Interessenvertreter mit der Politik über die Auswirkungen der geplanten Änderungen der Ableitbedingungen in der 1. BImSchV. Eigentlich sollten die Änderungen der Ableitbedingungen mit der 44. BImSchV (für mittelgroße Feuerungsanlagen) geändert werden. Aus verschiedenen Gründen wurde dieses jedoch verschoben. So sollen die Änderungen der Ableitbedingungen mit einer „Mini-Novellierung“ des § 19 der 1. BImSchV umgesetzt werden.

Dass die Änderung der Ableitbedingungen zum Schutz der Gesundheit der Bürger mit der Verschiebung vom Tisch sein würde, war nie zu erwarten. So gehen die Gespräche und die Kompromissfindung weiter. Das größte Problem in den Gesprächen war, dass man über Vermutungen debattieren musste. Denn keiner wusste ganz genau, wie viele Abgasanlagen von den geplanten Änderungen betroffen sein würden und was die Neuerungen monetär für die Bürger in Deutschland bedeuten würden.

Deshalb haben wir als ZDS auf Anfrage des Bundesumweltministeriums gemeinsam mit dem Umweltbundesamt einen Feldtest durchgeführt, um verlässliche und neutrale Zahlen zu sammeln. So können die Auswirkungen beurteilt und in der Diskussion darüber mit Fakten argumentiert werden.

Es ist unvorstellbar, die Änderungen aufhalten zu können, zumal man sich durchaus fragen sollte, ob wir die Verschärfung der Ableitbedingungen wirklich verhindern wollen. Wir sind täglich bei den Bürgern in den Gebäuden, um nicht nur für Immissionsschutz, sondern auch für die Sicherheit dieser zu sorgen. Was soll es bringen, für den sicheren Abtransport von Verbrennungsrückständen in den Gebäuden zu sorgen, wenn die Bewohner aus der Tür herausgehen und dann vom Kaminofen ausgehenden Emissionen ausgesetzt sind. Oder wenn die Bürger kein Fenster mehr öffnen können, weil sonst die Abgase vom Nachbarn in das Haus ziehen?

Vielmehr sollten wir hierbei helfen und daran arbeiten, die Gegebenheiten zu verbessern. Und zwar so, dass es am Ende für unsere Kunden verträglich und umsetzbar ist. Zudem sollte mit Verstand und Sachlichkeit vorgegangen werden, denn es bringt keinem etwas, bei einem Bauernhof in Alleinlage die Abgase unnötig hoch abzuführen, nur weil sich dieses Gebäude in Hanglage befindet. Zudem sollte auch betrachtet werden, wie häufig die betroffene Feuerstätte überhaupt genutzt wird. Im Verhältnis steht auch, wie viel Immissionen überhaupt von der betroffenen Feuerstätte ausgehen. Die Betrachtung dieser Aspekte würde den Bürgern Alternativmöglichkeiten bieten, um weiterhin mit festen Brennstoffen heizen zu können.

Genau an den gerade beschriebenen Zielen können wir nach dem durchgeführten Feldtest arbeiten. Die Ergebnisse zeigen uns, dass dies notwendig ist. Denn zwei Drittel aller Bestandsschornsteine sind nach der VDI 3781 Blatt 4, die als Grundlage für die Ableitbedingungen aller Feuerstätten für feste Brennstoffe eingeführt werden soll, nicht mehr geeignet. Von diesen zwei Dritteln könnten rund 3,7 Mio. Abgasanlagen selbst nach einer Nachrüstung nicht VDI-konform umgebaut werden. Das ergibt eine Anzahl von betroffenen Bürgern, die eine ganz neue Diskussion über Ausnahmen zulassen könnte.

Mehr zu dem Feldtest und die genauen Ergebnisse sind dem Bericht in dieser Ausgabe des Schornsteinfegers zu entnehmen. Bei den Zahlen aus dieser Erhebung ist zu beachten, dass bei dem Feldtest, aus Gründen der praktischen Umsetzungsmöglichkeiten, nur die Einzelgebäude selbst bewertet wurden. Da die zugehörige VDI aber auch die topografische Lage sowie die umliegenden Gebäude betrachtet, wird die Zahl der Betroffenen in der Praxis noch höher sein.

Wir sehen uns dafür verantwortlich, zusammen mit der Politik eine Lösung zu erarbeiten, die den Gesundheitsschutz verbessert und für die Bürger nicht gleich ein Verbrennungsverbot bedeutet. Gemeinsam mit anderen Verbänden und auch dem ZIV haben wir in den vergangenen Wochen stark dazu beigetragen, dass wir eine gute Lösung zur Umsetzung der Ableitbedingungen erzielen können.

Mit kollegialen Grüßen

Mathias Kazek

Innovationszentrum Schornsteinfegerhandwerk

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