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Leitartikel

Das Jahr 2020 hatte es wahrlich in sich

Daniel Fürst
Daniel Fürst /

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Jahr 2020 hatte es wahrlich in sich. Niemand hätte noch vor einem Jahr gedacht, dass wir uns einmal mitten in einer globalen Pandemie wiederfinden würden. Dass unser Leben eingeschränkt und wir Regeln befolgen würden, um gegen ein Virus anzukämpfen. Niemand hätte gedacht, dass wir auf Abstand gehen, auch zu den Menschen, die uns lieb und teuer sind. Dass wir darauf achten, was wir berühren oder ob wir eine Reise antreten sollen oder lieber nicht. Heute wissen wir es besser.

Doch was wir heute zudem wissen ist, dass der Abstand zu anderen Personen unsere Gesundheit schützt. Wenn es auch nicht unbedingt die eigene ist, so schützen wir definitiv die Gesundheit eines anderen. Alleine das ist Grund genug, sich an die Regeln zu halten und alles dafür zu tun, sich und andere zu schützen.
Dass uns der Abstand zu anderen jedoch in gleichem Maße auch zusammenbringt, das hätte ich wahrlich nicht gedacht. Auch wenn der Grund für diesen Zusammenhalt eine Krankheit ist und sehr viele Einschränkungen und bei manchen von uns auch Frust und Ärger mit sich bringt, so ist trotzdem genau dieser Zusammenhalt ein großer gesellschaftlicher Erfolg, den die Pandemie mit sich gebracht hat. Wir schätzen uns gegenseitig mehr als vorher und zeigen dies durch Achtsamkeit und das Befolgen der auferlegten Vorschriften.

Achtsamkeit und Zusammenhalt haben im Jahr 2020 auch unser Berufsleben geprägt. Innerhalb des ZDS mussten wir Versammlungen absagen, Sitzungen, die zur Entscheidungsfindung dienten, konnten nicht oder nur bedingt stattfinden und auch unsere Tarifkampagne war bislang einzigartig und geprägt von den jeweils gültigen Infektionsschutzmaßnahmen vor Ort. Wir haben uns jedoch von all dem nicht davon abhalten lassen, die Tarifverträge im Schornsteinfegerhandwerk form- und fristgerecht zu kündigen und in Verhandlungen mit unserem Sozialpartner zu gehen, um neue und bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne für unsere Mitglieder zu verhandeln.
Bereits im Sommer dieses Jahres haben wir eine Steigerung des Mindestlohnes um 4,5 % und eine Erhöhung der Mindestausbildungsvergütung im Schornsteinfegerhandwerk von durchschnittlich 20 % erreichen können. Zudem haben wir durch eine Senkung der Beiträge an die Ausbildungskostenausgleichskasse und eine höhere Förderung für Ausbildungsbetriebe die Betriebsinhaber deutlich entlasten können. Auszubildende haben ab nächstem Jahr durch eine andere Definition des Urlaubsanspruches bis zu fünf Tage pro Jahr mehr Urlaub.

Unmittelbar nach diesen erfolgreichen Tarifabschlüssen zum Mindestlohn und der Förderung über die berufliche Ausbildung im Schornsteinfegerhandwerk starteten wir unsere diesjährige Tarifkampagne mit einer breit angelegten Mitgliederbefragung zum Bundestarifvertrag im Schornsteinfegerhandwerk (BTV). Mehr als ein Drittel unserer Mitglieder haben sich an der Umfrage beteiligt und der ZDS-Tarifkommission mit auf den Weg gegeben, welche Bereiche durch den BTV in unserem Arbeitsleben verbessert werden müssen. Unheimlich viele Kolleginnen und Kollegen haben sich dabei dafür ausgesprochen, dass die Löhne im Schornsteinfegerhandwerk deutlich steigen müssen. Zugleich haben sich mindestens genauso viele unserer Mitglieder dafür ausgesprochen, mehr Freizeit haben zu wollen bzw. ihre Arbeits- und Freizeit besser in Einklang bringen zu wollen. Aus den Rückmeldungen zu dieser Mitgliederumfrage entstand unser Forderungspaket, in welchem wir eine Lohnerhöhung von 6,5 % und das Recht auf eine flexible Arbeitszeit forderten.
Da in diesem Jahr viele Treffen, Versammlungen und Veranstaltungen nicht umzusetzen waren, haben wir versucht, mithilfe aller ZDS-Medien unsere Forderungen an alle Berufsangehörigen heranzutragen. Unsere Kampagne für „unsere Löhne – unsere Zukunft“ hat dazu eingeladen mitzumachen. Viele haben sich beteiligt, indem sie Bilder und Videos geschickt haben, die wir publizieren durften. Noch mehr unserer Kolleginnen und Kollegen haben sich mit einem Unterstützerbrief an den Arbeitgeberverband gewandt und deutlich gemacht, dass sie hinter unseren Forderungen stehen werden. Und ganz arg viele haben bei unserer ersten digitalen Mahnwache im Schornsteinfegerhandwerk zugesehen und dadurch ihr Interesse und ihre Zustimmung für unsere gemeinsame Zukunft und unsere Forderungen zu einem neuen Bundestarifvertrag bekundet. Auch wenn wir mit unserer diesjährigen Tarifkampagne, welche großteils über digitale Medien stattfand, die Erwartungshaltung bei vielen sehr hoch gesetzt haben, so kam am Ende und ganz realistisch betrachtet ein sehr guter Tarifabschluss zustande. Lohnerhöhungen, welche durchschnittlich bei 2,7 % im Jahr 2021 und 2,36 % im Jahr 2022 liegen, sind in der jetzigen Zeit und den aktuellen Wirtschaftsprognosen deutlich im obersten Bereich aller Tarifabschlüsse anzusiedeln. In einzelnen Tarifgruppen liegen wir mit unserem Ergebnis sogar bei knapp 6,2 % Lohnerhöhung. Das kann sich durchaus sehen lassen.
Dass Schornsteinfegermeister künftig keine Berufsjahre mehr vorweisen müssen, um in die nächsthöhere Tarifgruppe eingestuft zu werden, sehe ich als deutlichen Erfolg an. Diese Änderung in der Definition der Tarifgruppen III (neu: Tarifgruppe IV) war längst überfällig und konnte mit dem diesjährigen Abschluss zu einem neuen BTV endlich umgesetzt werden.
Mit der Neufassung der Definition der Arbeitszeitgestaltung (BTV § 2 Punkt 5) wird deutlich, dass der Arbeitnehmer in einem Betrieb zwingend seine Zustimmung zu den Arbeitszeiten geben muss. Das ist zwar im Detail nicht das, was wir mit einem Recht auf eine flexible Arbeitszeit gemeint haben, kommt diesem aber ziemlich nahe. Somit haben wir als ZDS nicht nur viele Forderungen des ZIV abwenden können, sondern auch mehr als die Hälfte unseres Forderungspaketes in der diesjährigen Tarifverhandlung zu einem neuen Bundestarifvertrag umgesetzt.
Wichtig ist in dem Fall, dass alle Beschäftigten zukünftig ihre Arbeitszeit erfassen und von ihrem Arbeitgeber bestätigen lassen. Nur so schaffen wir es, irgendwann davon wegzukommen, nach Stückzahl zu arbeiten und in Bezirksgrößen zu denken. Für unser Handwerk und auch für unsere Löhne ist das ein wichtiger und richtiger Schritt in unsere Zukunft.

Ich wünsche euch allen frohe Weihnachtsfeiertage und ein gesundes neues Jahr!

Euer
Daniel Fürst

Innovationszentrum Schornsteinfegerhandwerk

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