Zusammen sind wir stark – Tarifrunde 2022 im Schornsteinfegerhandwerk

Den Bundestarifvertrag für das Schornsteinfegerhandwerk (BTV) 2021-2022 haben wir form- und fristgerecht zum Jahresende gekündigt und werden im weiteren Verlauf dieses Jahres für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

heute, am 13. September 2022, haben wir, der ZDS, unser Forderungspaket für die diesjährige Tarifrunde „Zusammen sind wir stark“ an den Zentralinnungsverband (ZIV) übermittelt – ein wichtiges und zukunftsorientiertes Forderungspaket, welches die Weichen für unsere gemeinsame Zukunft stellt. Am 18. Oktober 2022 ist die erste Verhandlung für einen neuen Bundestarifvertrag für das Schornsteinfegerhandwerk. Wir aktualisieren die Inhalte der Homepage laufend weiter und informieren Dich sofort, sobald wir ein Ergebnis von dieser Verhandlung haben.

Damit ihr noch mal genau und begründet lesen könnt, was unsere gemeinsamen Forderungen sind, folgt nun noch mal das gesamte Forderungspaket.

1. Wir fordern eine Erhöhung des Bruttostundenlohns um den Inflationsausgleich, mindestens jedoch 7,0 %.

Begründung:

Schornsteinfeger zu sein, ist eine große Ehre. Dies sollte sich auch weiterhin im zukünftigen Lohnniveau widerspiegeln. Gleichzeitig müssen wir die Attraktivität unseres Berufes weiter steigern. Aktuell leiden wir unter einem Fachkräftemangel. Mit einer erfolgversprechenden Bezahlung können wir die richtigen Arbeitskräfte finden und binden. Zudem leiden die Beschäftigten im Schornsteinfegerhandwerk derzeit unter der hohen Inflationsrate von 7,9 % (Stand August 2022). Besonders die hohen Energie- und Nahrungsmittelkosten sind schwer zu finanzieren. Einen Ausgleich können die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nur über eine Lohnerhöhung erreichen. Deshalb fordern wir eine Lohnerhöhung um den Inflationsausgleich, mindestens jedoch 7,0 %.

2. Wir fordern eine zusätzliche Erhöhung des Bruttostundenlohns der Tarifgruppe 6 um 2,00 €.

Begründung:

Das Schornsteinfegerhandwerk wird sich mit dem Fortschritt der Energie- und Wärmewende in den kommenden Jahren weiterentwickeln müssen. Dafür benötigen wir hoch qualifizierte Fachkräfte, die neue Tätigkeitsfelder akquirieren und bearbeiten können. Mit einer deutlichen Bruttostundenlohnerhöhung der Tarifgruppe 6 belohnen wir hochqualifizierte Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger, die höhere Umsätze für die Unternehmen generieren können. Gleichzeitig bieten wir den Beschäftigten einen größeren Anreiz, sich weiterzubilden, damit alle Betriebsinhaber die richtigen Fachkräfte für die Zukunft des Schornsteinfegerhandwerks finden.

3. Wir fordern eine Pflicht zur Erfassung der individuell geleisteten Arbeitszeit durch die Unternehmen.

Paragraf 2 BTV wird um Nummer 7 wie folgt ergänzt:
„Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit sowie die Dauer der gewährten Ruhepausen jeweils am Tag der Arbeitsleistung aufzuzeichnen.

Der Arbeitgeber kann die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer mit der Aufzeichnung der Arbeitszeit beauftragen. In diesem Fall hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer zur ordnungsgemäßen Führung der Aufzeichnungen anzuleiten. Der Arbeitgeber hat dafür Sorge zu tragen, dass er bis spätestens zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages entweder Zugriff auf die Aufzeichnungen hat oder sich diese aushändigen lässt, um diese in angemessenem Umfang zu kontrollieren und gegebenenfalls so aufzubereiten, dass sie den Anforderungen des Abs. 1 genügen. Sollte die Arbeitszeiterfassung digital erfolgen, so muss der Arbeitnehmer Zugriff auf die Änderungsprotokolle der Arbeitszeiterfassung haben. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer hat jederzeit das Recht, in die über ihn geführte Zeiterfassung Einsicht zu nehmen.“

Begründung:

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) verpflichtete mit seinem Urteil vom 14. Mai 2019 die Bundesrepublik Deutschland zur Einführung einer gesetzlichen Grundlage zur Erfassung der individuell geleisteten Arbeitszeit durch die Unternehmen. Eine nationale Umsetzung muss damit folgen. Das Schornsteinfegerhandwerk ist in seiner Form allerdings sehr speziell. Wir fordern eine Regelung für das Schornsteinfegerhandwerk, um sowohl die Beschäftigten als auch die Unternehmen zu schützen. Außerdem ermöglicht eine Erfassung der Arbeitszeit flexiblere Arbeitszeitmodelle. Dadurch wird die Attraktivität unseres Berufsbildes und die Motivation der angestellten Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger gesteigert.

4. Wir fordern einen paritätisch besetzten Arbeitskreis zur Entwicklung einer arbeitgeberfinanzierten Berufsunfähigkeitsversicherung:

Paragraf 16 wird wie folgt ergänzt:„5. Die Sozialpartner im Schornsteinfegerhandwerk bilden einen paritätisch besetzten Arbeitskreis aus jeweils drei Personen. Dieser entwickelt bis 31.12.2023 ein Konzept für eine arbeitgeberfinanzierte Berufsunfähigkeitsversicherung für die Beschäftigten im Schornsteinfegerhandwerk.“

Begründung:

Das Schornsteinfegerhandwerk verkörpert wie kein anderes deutsches Handwerk den Leitspruch „Einer für alle – alle für einen“. Einigen Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfegern wird es nicht ermöglicht, eine ausreichende Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. Durch Vorerkrankungen, z.B. durch einen unverschuldeten Unfall mit möglichen Folgeschäden, werden bestimmte Leistungen von Versicherern ausgeschlossen. Mit einer tarifvertraglichen Lösung wollen wir eine flächendeckende Berufsunfähigkeitsversorgung für das Schornsteinfegerhandwerk ohne Gesundheitsfragen. Gleichzeitig wäre es ein Alleinstellungsmerkmal für unseren Beruf – ganz unter dem Zeichen unseres Leitspruchs, der weitere Fachkräfte bindet. Ein paritätisch besetzter Arbeitskreis soll ein gemeinsames Konzept für das Schornsteinfegerhandwerk erarbeiten, um dies später im Bundestarifvertrag zu verankern.

5. Wir fordern eine bundeseinheitliche Pflicht zur Umsetzung und Durchführung der beruflichen Schulungstage mit einer vollständigen Kostenübernahme der Unternehmen:

Paragraf 11 Nr. 2 a. BTV wird wie folgt ergänzt:

„Erfolgt keine Einberufung von beruflichen Schulungstagen durch die jeweiligen Innungen, hat der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf pauschalen Ersatz für die entgangene Fortbildung durch Zahlung einer Abgeltung in Höhe der für die jeweils vorgesehenen Fortbildungstage anfallenden Vergütung. Der Anspruch auf Zahlung der Vergütung bleibt hiervon unberührt.“

Paragraf 11 Nr. 2 a. BTV wird wie folgt ergänzt:

„Alle Kosten für die von den Innungen durchgeführten beruflichen Schulungstage sind von den Unternehmen zu tragen. Ausgenommen davon sind anfallende Reisekosten.“

Im Anhang 3 zum Bundestarifvertrag wird die Begründung zu § 11 Nr. 2 BTV gestrichen.

Begründung:

Durch technische Neuerungen oder gesetzliche Änderungen ist es notwendig, sich stetig weiterzubilden. Damit können wir die vertrauensvolle und neutrale Beratung liefern, für die das Schornsteinfegerhandwerk bekannt ist. Leider berufen einige Innungen die Schulungstage nicht vollumfänglich ein oder erhöhen die Lehrgangs- oder Verpflegungskosten derart, dass sich die Beschäftigten die Teilnahme schlichtweg nicht leisten können. Deshalb fordern wir eine bundeseinheitliche Regelung zur Durchführung der beruflichen Schulungstage und eine klar definierte Kostenübernahme der Unternehmen, die keine Hintertür offenlässt.

6. Wir fordern eine Verlängerung der bestehenden betrieblichen Altersvorsorge im Schornsteinfegerhandwerk bis 2050 und eine redaktionelle Änderung des Paragrafen, um die Pensionskasse im Schornsteinfegerhandwerk als gemeinsame tarifliche Einrichtung zu definieren:

Paragraf 16 Nummer 2 BTV wird wie folgt geändert:

„2. Die vereinbarte Regelung des § 12 BTV hat eine Laufzeit bis zum 31.12.2050.“

Paragraf 12 BTV wird in Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung der Pensionskasse im Schornsteinfegerhandwerk weiter definiert.

Begründung:

Das Rentenniveau in Deutschland sinkt seit Jahren und liegt laut Deutscher Rentenversicherung im Jahr 2022 voraussichtlich nur noch bei 49,4 %. Der Gesetzgeber garantiert bis in das Jahr 2025 ein Rentenniveau in Höhe von lediglich 48 %. Die Sozialpartner haben frühzeitig gegengesteuert und die Pensionskasse im Schornsteinfegerhandwerk (PKS) gegründet. Damit wollen wir Altersarmut im Schornsteinfegerhandwerk so gut wie möglich verhindern. Der bisherige Bundestarifvertrag sieht nur eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2032 vor. Wir wollen an dem Erfolgskonzept festhalten und fordern deshalb eine Verlängerung bis zum Jahr 2050. Außerdem fordern wir eine redaktionelle Änderung des BTV, um die Pensionskasse als gemeinsame tarifliche Einrichtung zu definieren. Dies verhindert Pflichtbeiträge der Unternehmen an den Pensionskassensicherungsverein (PSV).

7. Wir fordern einen bundesweit einheitlichen Versammlungstag für die Beschäftigten im Schornsteinfegerhandwerk:

In Paragraf 11 Nr. 2 a. wird der nachfolgende Absatz wie folgt geändert:

„In den allen Bundesländern Hessen und Saarland wird 1 Tag im Rahmen der beruflichen Schulungstage vom Zentralverband Deutscher Schornsteinfeger e.V. – Gewerkschaftlicher Fachverband – gestaltet.“

Begründung:

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von heute sind die Unternehmerinnen und Unternehmer von morgen. Deshalb haben wir einen Anspruch darauf, die Zukunft des Schornsteinfegerhandwerks mitzugestalten. Die Einführung eines bundesweiten Versammlungstages unter Lohnfortzahlung stärkt die Sozialpartnerschaft und den frühzeitigen Zusammenhalt der Schornsteinfeger.

8. Wir fordern eine vereinfachte Formulierung des Paragrafen 8:

Paragraf 8 Nummer 4 wird wie folgt geändert:

„Kann der gesetzliche oder der zusätzliche tarifvertragliche Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er nach Maßgabe der jeweils gültigen gesetzlichen Regelung abzugelten."

Begründung:

Die Änderung verschlankt den Bundestarifvertrag im Schornsteinfegerhandwerk und passt den Absatz an die gesetzliche Grundlage und die aktuelle Rechtsprechung an.

9. Die Laufzeit des kommenden Bundestarifvertrages für das Schornsteinfegerhandwerk (BTV) wird auf ein Jahr begrenzt:

Begründung:

Der Bundestarifvertrag für das Schornsteinfegerhandwerk soll eine Laufzeit von maximal einem Jahr haben. So haben die Tarifvertragsparteien im Schornsteinfegerhandwerk die Möglichkeit, die Entwicklungen der kommenden Monate – auch vor dem Hintergrund der aktuell angespannten Wirtschaftssituation – zu beobachten. Die Tarifvertragsparteien bleiben bei der Gestaltung der tarifvertraglichen Regelungen flexibel genug, um nach einem Jahr auf äußere und handwerksinterne Umstände reagieren zu können.

Die erste Tarifverhandlung ist für den 18. Oktober 2022 im Raum Bonn angesetzt. Ihr werdet, so wie immer, von uns über den Verlauf der Verhandlung auf dem Laufenden gehalten werden.

Euer

ZDS

Innovationszentrum Schornsteinfegerhandwerk

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