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Leitartikel

Solidarität

Daniel Fürst
Daniel Fürst /

Solidarität ist mehr als nur ein Wort. Wir sehen darin die Verbundenheit mit anderen und gleichzeitig die Unterstützung für gemeinsame Ziele. In vielerlei Hinsicht wird der Begriff von der Politik, von Gewerkschaften oder sonstigen Organisationen im Sprachgebrauch verwendet. „Wir müssen uns solidarisieren, damit wir etwas erreichen können“, so die Kernaussage die sich hinter dem Begriff verbirgt.

Die Arbeitnehmer im Schornsteinfegerhandwerk haben die Vorteile der Solidarität bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts für sich erkannt. Für bessere Arbeitsbedingungen und eine angemessene Entlohnung für ihre Arbeit haben sie sich im Jahr 1907 solidarisiert und gemeinsam unseren ZDS gegründet. Auf anderem Weg hätten sich die Kollegen damals nicht gegen die übermächtigen Arbeitgeberinnungen durchsetzen können. Seit dieser Zeit steht der ZDS für die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Schornsteinfegerhandwerk ein und hatin seiner Historie bemerkenswertes geleistet. Im Übrigen nicht nur für die Beschäftigten, sondern für das Schornsteinfegerhandwerk insgesamt.

Auch wenn es Tradition ist, dass wir Schornsteinfeger getreu dem Motto „Einerfür alle und alle für einen“ zusammenhalten, so ist es in einigen Bereichen doch besser, sich von dem Leitspruch zu distanzieren. Als ZDS haben wir gelernt, dass es wichtig ist, eine eigene Meinung zu haben. So haben wir uns beispielsweise im Sommer dieses Jahres nicht der Arbeitgebermeinung angepasst und Inhalte im Schornsteinfeger-Handwerksgesetz unterstützt, die unter Umständen existenzbedrohend für unseren Berufsstand geworden wären. Wir haben uns in dem Novellierungsprozess gewehrt, dass eine Stellvertreterregelung eingeführt wird, welche die Frage offenlässt, wo die Unterschiede zwischen einem bevollmächtigten und einem nicht-bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger überhaupt liegen. Wir haben uns weiterhin bei der Politik dafür eingesetzt, dass es eben keine Regelung im Schornsteinfeger-Handwerksgesetz geben wird, welche die regelmäßige Feuerstättenschau liberalisiert. Wir halten es für zwingend notwendig, dass diese einzig und allein vom bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger durchgeführt wird, und nicht von einem benannten Stellvertreter. Auch dann nicht, wenn der Betroffene in einem Gebäude eine abnahmepflichtige Anlage eingebaut oder verkauft hat. Die Neutralität bei solchen Anlagen ist damit gewährleistet, dass ein Stellvertreter bereits die jeweilig notwendige Bescheinigung nach Landesrecht ausstellt. Eine Änderung was die Zuständigkeit der Feuerstättenschau verändert, hätte unter Umständen systemschädigende Auswirkungen für unseren Berufsstand nach sich ziehen können. Nicht nur heute, sondern auch in der Vergangenheit zeigen wir regelmä- ßig, dass es gut ist eine eigene Meinung zu haben. Und zwar nicht die der Innungen, sondern die Meinung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zählt mindestens genau so viel wie die der Arbeitgeber. Und immer wenn die Anzeichen erkennbar sind, dass die Arbeitnehmermeinung stärker vertreten wird – wie bei der Festschreibung der Anzahl der Kehrbezirke oder der Stellvertreterregelung – dann werden Parolen ausgerufen, die uns an die Einigkeit auch mit den Arbeitgebern erinnern soll, wie beispielsweise „Einer für alle, alle für einen“ oder „Wir müssen zusammenhalten, damit wir was erreichen.“

Als ZDS haben wir uns allerdings nicht solidarisiert, um im Streitfall unseren Standpunkt über Bord zu werfen und die Meinung der Arbeitgeber zu vertreten. Ganz im Gegenteil. Wir haben uns zusammengeschlossen, um die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Schornsteinfegerhandwerk zu vertreten.

Sehr solidarisch zeigte sich die ZDS im Übrigen bei dem Tarifabschluss zum Bundestarifvertrag 2018–2020. Seit der WiedervereiLeitartikel 3 SCHORNSTEINFEGER 12.17 Bild: © Maurice Lohrke Daniel Fürst 1. Vorsitzender nigung Deutschlands haben wir eine Zweiklassengesellschaft bei den beschäftigten Schornsteinfegern. Es gibt die Kolleginnen und Kollegen in den alten Bundesländern, welche für ihre Arbeitsleistung einen Lohn erhalten. Und es gibt die Kolleginnen und Kollegen, die für die selbe Arbeitsleistung bis zu 600€ im Monat weniger Lohn erhalten. Dies alleine derTatsache geschuldet, dass sie in einem anderen Bundesland arbeiten. Dieser Zustand ist für den ZDS nicht tragbar. Und seit der Gründung des ZDS im Jahr 1907 kämpfen wir für faire Löhne und eine gerechte Bezahlung in unserem Handwerk.

Mit dem Abschluss eines Bundestarifvertrages für die Jahre 2018 bis 2020 soll diese Ungleichbehandlung ein für alle Mal der Geschichte angehören. DerTatsache geschuldet, dass wir bundesweit zusammenhalten, uns gegenseitig unterstützen und Ungleichbehandlung nicht tolerieren, konnten wir einen historischen Tarifabschluss erzielen. Mit der Tarifkampagne „Wir wollen’s FAIR“ haben ZDS’ler bundesweit Solidarität bewiesen und deutlich gezeigt, dass wir zusammenstehen, auch wenn es uns selbst nicht betrifft. Erfahren die Kollegen in den neuen Bundesländern Ungerechtigkeit, so betrifft uns das bundesweit. Der Begriff Solidarität ist eben nicht nur ein Wort, sondern wird in unserem ZDS gelebt. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es gut ist, eine eigene Meinung zu haben. Auch wenn sich diese nicht mit der Arbeitgebermeinung deckt. Denn würden wir darauf vertrauen, dass sich allein die Arbeitgeber unserer Probleme annehmen, so sieht es schwarz aus für unser Handwerk. Auch wenn sich einige Arbeitgebervertreter damit rühmen, die soziale Verantwortung für die Arbeitnehmer im Schornsteinfegerhandwerk zu übernehmen (Ausgabe 11/2017 im Magazin des Bundesverbandes), so sehen wir zum Beispiel im Bereich des Mindestlohntarifvertrages, dass dieser derzeit weder gekündigt wurde, trotz dessen aber die Allgemeinverbindlich Erklä- rung ausläuft und zu guter Letzt bislang noch keinerlei Anzeichen dafür herrschen, dass die soziale Verantwortung in Form einer Lohnerhöhung von den Arbeitgebern gewollt ist. Die Arbeitgeber hätten in dieser Sache die Chance gehabt, aber wie es scheint, werden wir uns als ZDS mal wieder darum kümmern müssen. Auch wenn die organisierten Mitglieder nicht vom Mindestlohntarifvertrag betroffen sind.

Zurecht sind wir solidarisch, kämpferisch und stark! Wir haben unsere Interessen und eine eigene Meinung, setzen uns dafür ein und sprechen diese laut aus. Für uns, unser Handwerk und unsere Zukunft!

Am Ende bleibt mir noch, euch und euren Familien eine besinnliche Weihnachtszeit zu wünschen und einen guten Rutsch in das neue Jahr.

Euer
Daniel Fürst

Innovationszentrum Schornsteinfegerhandwerk

Für die Zukunft unseres Berufs

Seit 1907: Solidarisch engagiert. Gemeinsam stark.

Die Säulen des ZDS